Ein Leitfaden zur Annäherung an Vogelsprache und wie du selbst lernen kannst, Vögel zu verstehen
Eine Anleitung zur Vogelsprache und wie du sie selbst lernst. Erfahre alles über die Botschaften der Vögel und wie du die Gesänge und Melodien interpretierst
Von Philipp Leuschner. Er begleitet Menschen auf ihrem Weg der Naturverbindung und in der Meditation
👉 Das Wichtigste in Kürze
- Lerne die Grundlagen der Vogelsprache und verstehe ihre Kommunikation.
- Unterscheide zwischen Gesang und Ruf bei Vögeln und ihre Funktionen.
- Erkunde die vier Arten von Rufen: Kontaktruf, Alarmruf, Territorialruf und Bettelruf.
- Verstehe das Konzept der Baseline und achte auf Störungen in der Vogelkommunikation.
- Übe regelmäßig und achte auf Vogelstimmen, um deine Wahrnehmung zu schärfen.
- Nutze Ressourcen wie Online-Datenbanken, Apps und Bücher, um dein Wissen zu erweitern.
Du wolltest schon immer lernen, mit deinen gefiederten Freunden zu sprechen. Es scheint so eine magische Fähigkeit zu sein, aber wo fängst du überhaupt an?
Vögel sind eine großartige Gesellschaft und machen dein Leben aufregender. Aber wie verstehst du ihre Kommunikation?
Die Lösung ist einfach. Beginne mit diesem Artikel.
Er vermittelt dir die Grundlagen der Vogelsprache und gibt dir praktische Tipps für den Einstieg.
Und das Gute ist: Vogelsprache kannst du überall lernen, ob in der Großstadt oder im Wald und du benötigst dafür keinerlei Ausrüstung.
Erkunde anschließend andere vogelbezogene Ressourcen, um weitere Informationen zu diesem faszinierenden Thema zu erhalten.
Für die meisten Menschen singen Vögel einfach nur
Tatsächlich belegen Studien, dass natürliche Geräusche wie Vogelgesänge besonders entspannende Wirkungen auf den Menschen haben. (Schau dir hier und hier zwei englische Quellen dazu an)
Doch die Gesänge und Rufe der Vögel sind viel mehr als einfache schöne Hintergrundgeräusche.
Vogelrufe können dir beispielsweise signalisieren, ob sich gerade ein wildes Tier wie ein Fuchs oder ein Bär in der Umgebung befindet oder ob sich gerade ein Habicht auf die Jagd begibt.
Wenn du dich also mit der Vogelsprache auseinandersetzt, hilft dir das, mehr Tiere im Wald (oder auch in der Stadt) zu entdecken.
Generell hilft dir die Sprache der Vögel besser zu verstehen, was gerade in deiner Umgebung vorgeht.
Jon Young, Vogelexperte und einer der Begründer der Wildnispädagogik, beschreibt in seinem Buch „What the Robin knows“ („Was das Rotkehlchen weiß“), dass die Laute der Vögel eine Funktion erfüllen. Denn Vögel, wie alle Tiere in der freien Natur, müssen sparsam mit ihrer Energie haushalten.
Würden sie nur zufällig und sinnlos aus voller Kehle singen, würden sie zu viele Ressourcen verschwenden und damit ihr Überleben gefährden
Doch im Gegenteil, die Vogelsprache hilft dem Überleben der Vögel, indem sie sich unter anderem gegenseitig vor Gefahren warnen.
Unterscheidung von Gesang und Ruf bei Vögeln
Die verschiedenen Rufe und Gesänge der Vögel sind äußerst komplex und vielfältig.
Doch eine Unterscheidung in grundlegende Kategorien ist auch für Laien recht einfach und hilft bereits, die Kommunikation der gefiederten Leute im Groben zu entschlüsseln.
Zunächst unterscheiden wir zwischen Ruf und Gesang. Der Gesang besteht meist aus kurzen Melodien (z. B. Amsel) und aus rhythmischen Mustern (z. B. Ringeltaube). Ein Ruf besteht dagegen größtenteils nur aus einer oder wenigen Silben und ist weniger melodisch. Beispiele, in denen dieser Unterschied sehr deutlich wird, sind die Amsel und das Rotkehlchen.
Der Gesang der Vögel – Warum singen Vögel?
Warum singen Vögel? Der Gesang der Vögel erfüllt vorwiegend zwei grundlegende Funktionen.
Erstens machen Vögel damit Ihre Reviergrenzen deutlich und zweitens ist der Gesang der Vögel wichtiger Teil der Balz, der Partnersuche.
Aus diesen Gründen sind es oft die männlichen Vögel, die besonders häufig und laut zu hören sind.
Anhand des Gesangs der Männer suchen sich die Frauen einen Partner. Dementsprechend sind Vogelgesänge vorwiegend im Frühling zu hören.
Im Herbst neigt sich die größtenteils saisonale Vogel-Partnerschaft dem Ende und das Nahrungsangebot und somit die verfügbare Energie werden zunehmend knapper.
Zugvögel bereiten sich auf ihre langen, beschwerlichen Reisen vor. Weil die Vögel ihre Kräfte nun sparen, sind keine Gesänge mehr zu hören.
Bezogen auf den Gesang ist eine wichtige Regel, dass Vögel immer nur singen, wenn sie entspannt sind.
Hörst du einen Vogel singen, weißt du, dass er sich gerade sicher fühlt.
Das kannst du ganz einfach testen.
Wenn du einen singenden Vogel siehst und du ganz langsam auf ihn zugehst, wird er irgendwann aufhören zu singen. Vielleicht zeigt er auch nervöse Körpersprache, etwa ein Wippen des Stoßes (der Schwanzfedern).
Wenn du dich wieder entfernst oder wenn sich der Vogel nach einer Weile an deine Präsenz gewöhnt hat, wird er weitersingen.
Gehst du jedoch schnell auf ihn zu oder kommst einfach zu nah an ihn heran, wird er den Gesang sofort unterbrechen und wegfliegen.
Eventuell stößt er noch Alarmrufe aus. Je nachdem, wie sehr die Vögel in deiner Gegend an Menschen gewöhnt sind, desto vorsichtiger und entspannter ist ihr Verhalten.
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Die vier Arten von Rufen von Vögeln
Jon Young bricht die Rufe der Vögel auf vier einfache Kategorien herunter, die uns enorm helfen, die Kommunikationssignale der Vögel einzuordnen.
- Kontaktruf
- Alarmruf
- Territorialruf
- Bettelruf
Lass uns nun diese vier Rufe genauer anschauen, um sie zu verstehen.
1. Kontaktruf
Ein Vogelexemplar einer Art gibt einem anderen Exemplar seiner Art etwas zu verstehen wie „Ich bin hier!“.
Oft hört man einen anderen Vogel darauf antworten.
Dies ist eine eher entspannter Ruf, es droht keine Gefahr. Dies kannst du unter anderem regelmäßig von Meisen im Park oder im Wald hören oder auch von Nebelkrähen in der Stadt. Letztere rufen sich während ihrer Flüge oft gegenseitig.
2. Alarmruf
Eine Störung tritt auf, zum Beispiel kommt eine Joggerin, ein Hund, eine Katze oder ein Fuchs in die Nähe.
Der Vogel ruft angespannt und warnt damit die anderen. Oft kannst du hören, wie der Alarm von anderen Vögeln unterschiedlicher Arten weitergegeben wird. Dies wird als Bodenalarm bezeichnet.
Die Alarmrufe der Amsel und des Rotkehlchens lassen sich besonders häufig hören und sind daher recht einprägsam.
Um sich gegenseitig vor Gefahren aus der Luft zu warnen, wie etwa vor einem Habicht oder Sperber, lassen Vögel einen Luftalarm verlauten. Dies ist ein hoher, langgezogener Ton, der aus der Luft schwerer wahrzunehmen ist.
Es kann gut sein, dass auf einen Alarm ein Wegfliegen folgt, also die Flucht vor der Gefahr, oder einige Sekunden Stille, um sich vor der Gefahr zu verstecken.
3. Territorialruf
Ein Territorialruf klingt ähnlich wie ein Alarmruf. Er hat die Funktion, einem anderen Vogel der gleichen Art zu signalisieren, dass er eine Reviergrenze übertreten hat.
Anders als beim Alarmruf werden keine anderen Vögel den Ruf weitergeben. Anhand dessen ist es dir möglich zu unterscheiden, ob du einen Territorialruf oder einen Alarmruf gehört hast.
Ganz sicher kannst du dir allerdings nur sein, wenn du die Überschreitung der Reviergrenze und deren akustische Verteidigung auch beobachtet hast.
4. Bettelruf
Vogeljunge im Nest betteln um Futter. Oft rufen sie dabei sehr laut. Die piepsigen Stimmen hörst du im Frühling oder im Frühsommer aus Nestern oder Bruthöhlen.
Was ist die Baseline und welche Störungen gibt es?
Neben dem grundlegenden Verständnis über Gesänge und Rufe ist außerdem das Konzept der Baseline wichtig, um die Kommunikation der Vögel einzuordnen.
Die Baseline ist die übliche akustische Kulisse an einem Ort zu einer bestimmten Zeit.
In einem Mischwald im April zu Sonnenaufgang besteht die Baseline aus einem lautstarken Gemisch verschiedener Vogelgesänge. Wenn Jungvögel in Nestern sind, gehören die Bettelrufe auch zur Baseline.
Eine potenzielle Gefahr äußert sich in einer Störung der Baseline, also in Alarmrufen oder auch in Stille.
Wenn plötzlich alles still ist, liegt es daran, dass die Vögel sich bedroht fühlen. Wenn du dies wahrnimmst, dann schau aufmerksam umher. Vielleicht ist gerade ein Habicht in der Nähe?
Auch der Lärm eines herannahenden Autos kann eine Störung der Baseline bewirken, zum Beispiel einige Alarmrufe gefolgt von mehreren Sekunden Stille.
Wenn du im Wald unterwegs bist, ist es möglich, dass du selbst die Baseline störst, vor allem wenn du dich abseits der Wege bewegst oder stehen bleibt, um einen singenden Vögel zu beobachten.
An Fußgängerinnen auf Spazierwegen sind die Vögel meist gewöhnt, und wahrscheinlich unterbrechen sie bei deren Präsenz nicht einmal ihren Gesang.
Doch verhältst du dich anders als gewöhnliche Spaziergänger/innen, wirkt das auf Vögel bedrohlich.
Wenn du dich in den Wald setzt, kann es mehrere Minuten dauern, bis die ungestörte Baseline wieder einsetzt. In abgelegenen Regionen dauert es sogar noch länger.
Tipps zum Erlernen der Vogelsprache
- Die essenzielle Methode, um Vogelsprache kennenzulernen, ist ein regelmäßiger Sitzplatz. Erst wenn du eine Weile still an einem Ort bist, wirst du Gelegenheit bekommen, verschiedene Situationen der Vogelsprache wahrzunehmen und zu deuten.
- Sei beim Deuten der Rufe nicht zu voreilig. Vorschnelle Interpretationen schränken deine Wahrnehmung ein. Bleib flexibel und mach dir deutlich, dass deine Interpretation falsch sein könnte. Welche anderen Interpretationen sind möglich?
- Identifiziere die Baseline an deinem Ort und achte auf Störungen wie Alarmrufe und Stille. Bei Störungen, beobachte, was die Störung verursacht haben könnte.
- Wenn du zu Fuß unterwegs bist, nimm immer wieder die Vogelstimmen wahr. Wo hörst du gerade Vögel? Ist es ein Gesang oder ein Ruf? Klingt der Vogel entspannt oder nervös oder aufgeregt? Mit der Zeit wird es deine Gewohnheit, auf Vogelstimmen zu achten. Dies entspannt und schärft gleichzeitig deine Wahrnehmung.
- Wenn du einen Ruf hörst, achte darauf, ob ein anderer Vogel darauf antwortet. Wenn du zwei Vögel ausgemacht hast, die sich gegenseitig rufen, achte darauf, ob du noch einen Dritten oder Vierten wahrnehmen kannst.
- Höre bewusst auf den Vogel, der am nächsten ist und auf den, der am weitesten entfernt ist.
- Immer wiederkehrende Alarmrufe, die von Gruppen von Vögeln, z. B. Nebelkrähen oder Eichelhähern ausgehen, können auf einen gefährlichen Räuber wie eine Eule in einem Baum in der Nähe hindeuten. Die Vogelgruppe macht den Räuber damit sichtbar und schützt sich gegenseitig.
Ressourcen zum Erlernen der Vogelsprache
Online-Datenbanken Vogelsprache
- https://www.deutsche-vogelstimmen.de/ – Eine wunderbare Datenbank zum Hören von Vogelstimmen, oft gegliedert in Rufe und Gesänge, bietet die Website.
- https://xeno-canto.org/about/xeno-canto – Eine internationale Datenbank mit Karten der Verbreitungsgebiete.
Apps zur Vogelsprache
- BirdNET - Vogelstimmen einfach erkennen – Unterwegs kannst du mit der App BirdNET Vogelstimmen aufnehmen und scannen, um herauszufinden, wer da singt. Das hilft sehr für das Kennenlernen neuer Vogelstimmen. Hier für Android und fürs Apple-Geräte.
- In der App Vogelquiz Free kannst du ein Quiz mit Vogelstimmen machen und so deine Kenntnisse zur Bestimmung verbessern.
- OrnitO ist einglische Android-App mit Datenbank und Bestimmung der Vögel nach Silhouetten
Vorträge, Interviews, Podcasts
- Jon Young: Bird Language - 5 Voices of the Birds – Ein ausgezeichneter Kurzvortrag als Video zur Einführung der Vogelsprache auf Englisch.
- Jon Young: Bird Language - Shapes of Alarm – Ein tiefergehender Vortrag als Video zur Identifizierung verschiedener Alarmmuster auf Englisch.
- Die Sprache des Waldes mit Ralph Müller – Ausführliches Interview mit einem Vogelexperten, geführt von Bastian Barucker.
- Podcast vom Voologen Paul – Sehr hilfreich für deinen Einstieg in die Vogelsprache, insbesondere die Folgen 2 bis 5. In den weiteren Folgen erzählt Paul viele Geschichten von Ereignissen der Tierwelt auf dem Wildnisplatz Hoher Fläming.
Bücher
- Jon Young - What the robin knows (2013) – Der Klassiker zum Erlernen der Vogelsprache auf Englisch.
- Ralph Müller - Die geheime Sprache der Vögel (2010) – Ebenso ein Klassiker, aber für den deutschsprachigen Markt.
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Autor des Ratgebers
Philipp Leuschner
Vom tibetischen Hochplateau bis zur einsamen Wüste Namibias bin ich per Anhalter und zu Fuß weit in der Welt herumgekommen.
2014 bin ich zum Studium der Sozial- und Kulturanthropologie nach Berlin gezogen. Nach ein paar Jahren wurde mir klar: Ich möchte lieber in der Natur und mit Menschen zusammenarbeiten.
Meine Suche führte mich zu Aufenthalten in buddhistischen Klöstern in Myanmar und in Sri Lanka und schließlich zu einer Ausbildung in der Wildnispädagogik.
Nun bin ich als Mentor für Wildnis und Achtsamkeit in Berlin und Brandenburg tätig. Ich liebe es draußen unterwegs zu sein und Menschen in der Natur und in ihren inneren Prozessen zu begleiten.
Ich biete Seminare in den Bereichen Naturverbindung, Wildniswissen und Achtsamkeit an und leite Online-Meditationskurse.
Schau dir am besten gleich meinen Podcast „Metta Cast – Buddhismus, Achtsamkeit, Meditation“ und meinen Instagram-Account an.
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