Insekten-Experte verrät: Essbare Insekten könnten dein Leben in der Wildnis retten (Interview)
Überlebe in der Wildnis mit essbaren Insekten! Das Interview mit Experte Marco Schebesta gibt wertvolle Tipps für Outdoor-Liebhaber und Survival-Fans.
Von Martin Gebhardt. Schaue auf meine “Über mich”-Seite und abonniere meinen Newsletter.
👉 Das Wichtigste in Kürze
- Insekten sind eine nachhaltige, nahrhafte Eiweißquelle und könnten unsere Ernährung in Zukunft stark beeinflussen.
- Essbare Insekten wie Heuschrecken, Käferlarven und Ameisen sind leicht in Deutschland zu finden und eignen sich ideal für Survival-Situationen.
- Insekten bieten einen hohen Proteingehalt und sind effizienter in der Aufzucht als konventionelle Viehhaltung. Sie benötigen viel weniger Wasser, Land und Futter.
- Die Zubereitung in der Wildnis ist einfach: Heuschrecken, Ameisen und Käferlarven können aufgespießt, geröstet, gekocht oder in heißer Asche gegart werden.
- Beim Sammeln und Essen wilder Insekten sollten grelle, stark riechende oder unbekannte Arten gemieden und Insekten immer ausreichend erhitzt werden.
- Für Einsteiger empfiehlt sich der Verzehr gewürzter Heuschrecken oder Mehlwürmer, die geschmacklich an Chips erinnern – der perfekte Snack für Neugierige!
Stell dir vor, du könntest eine nachhaltige und nahrhafte Eiweißquelle direkt in deinem Haus züchten – ohne großen Aufwand und mit einem echten Beitrag zum Umweltschutz.
Klingt verrückt? Genau das dachte ich auch, bis ich Marco Schebesta kennengelernt habe.
Marco ist der Gründer von Catch-Your-Bug, einem Unternehmen, das sich der Förderung des Insektenessens in Mitteleuropa verschrieben hat.
Er besitzt eine eigene Insekten-Manufaktur und möchte die Art, wie wir über Nahrung denken, revolutionieren.
Seine Leidenschaft für das Essen von Insekten entdeckte Marco während eines Aufenthalts in Kambodscha. Dort erkannte er das unglaubliche Potenzial von Insekten als einfache, zugängliche und nährstoffreiche Nahrung.
Seine Idee brachte er mit nach Deutschland, um sie hier weiterzuentwickeln.
Im folgenden Interview nimmt Marco uns mit in die Welt der Insektenzucht. Wir sprechen über die Vorteile von Insekten als Nahrung und wie sie als Survival-Essen dienen können.
Und auch, warum sie im Survival-Bereich eine entscheidende Rolle spielen und wie du selbst in diese faszinierende Welt eintauchen kannst.
Bereit für einen neuen Blick auf die Zukunft unserer Ernährung?
1. In einem Survival-Szenario heißt es oft, dass Insekten nach Pflanzen die nächstbeste Nahrungsquelle sind. Warum ist das so?
Marco: "Insekten sind leicht zu finden und zu sammeln. Sie sind fast überall auf unserem Planeten, was sie in einem Überlebensszenario besonders attraktiv macht.
Im Gegensatz zu größeren Tieren muss man keinen großen Aufwand betreiben, um sie zu fangen, und sie sind relativ einfach zu identifizieren.
Außerdem bieten sie einen hohen Proteingehalt, der in solchen Situationen lebenswichtig sein kann. Im Verhältnis zu ihrem geringen Aufwand sind sie also eine der effektivsten Nahrungsquellen in einem Survival-Szenario."
2. Welche Arten von Insekten sind besonders einfach in Deutschland zu finden, und welche von ihnen würdest du als erste Wahl für ein Überleben in der Natur empfehlen?
Marco: "In Deutschland gibt es eine Vielzahl essbarer Insekten, deren Verfügbarkeit stark von den Jahreszeiten abhängt. Ich konzentriere mich auf die drei am einfachsten zu findenden Arten:
Heuschrecken sind besonders im Sommer bis frühen Herbst eine ausgezeichnete Wahl. Sie sind sehr nahrhaft und relativ leicht zu fangen, besonders am frühen Morgen, wenn sie noch träge sind. Auf Wiesen und Feldern findest du sie am häufigsten, allerdings musst du im Winter und Frühjahr auf Alternativen ausweichen, da sie dann kaum verfügbar sind.
Käferlarven, besonders die des Mehlkäfers, sind meine zweite Empfehlung. Du findest sie das ganze Jahr über unter Baumrinde oder im Totholz, wobei die beste Zeit von spätem Frühjahr bis Herbst ist. Im Winter verstecken sie sich zwar tiefer, sind aber mit etwas Geschick trotzdem auffindbar.
Als dritte Option empfehle ich Ameisen. Sie bieten einen hervorragenden Eiweißschub und sind von Frühling bis Herbst leicht zu finden. Im Sommer ist ihre Aktivität am höchsten, während sie im Winter Winterschlaf halten und schwerer zugänglich sind. Wichtig ist nur, dass du sie kurz erhitzt, um mögliche Parasiten abzutöten.
Die beste Zeit zum Sammeln ist definitiv der Hochsommer, da dann alle drei Arten reichlich verfügbar sind. Beachte aber unbedingt die Naturschutzbestimmungen, da einige Insektenarten geschützt sind. Und ganz wichtig: Erhitze die Insekten vor dem Verzehr immer ausreichend!"
3. Welche Zubereitungsmöglichkeiten gibt es in der Wildnis?
Marco: "In der Wildnis gibt es mehrere sichere und effektive Methoden zur Zubereitung von Insekten. Da die Insekten nicht unter kontrollierten Bedingungen gezüchtet werden, ist die wichtigste Regel: Immer erhitzen, um Parasiten und schädliche Bakterien, die in der Natur vorkommen können, abzutöten.
Die einfachste Methode ist das direkte Rösten über dem Feuer. Dafür eignen sich besonders gut:
- Heuschrecken: Einfach aufspießen und 2–3 Minuten rösten, bis sie knusprig sind
- Ameisen: Kurz in einer erhitzten Pfanne oder auf einem flachen Stein rösten
- Käferlarven: In Blätter wickeln und in der heißen Asche garen
Wenn kein Feuer möglich ist, kann man größere Insekten auch mit kochendem Wasser überbrühen. Das funktioniert zuverlässig bei Heuschrecken und größeren Larven.
Ein wichtiger Tipp: Vor der Zubereitung solltest du bei größeren Insekten wie Heuschrecken die Beine und Flügel entfernen. Bei Käferlarven empfehle ich, sie vorher 24 Stunden fasten zu lassen, damit der Darm leer ist.
Was die Würzung angeht: In der Natur findest du oft wilde Kräuter wie Thymian oder Brennnessel, die du mitverarbeiten kannst. Das verbessert nicht nur den Geschmack, sondern liefert auch zusätzliche Nährstoffe.
Im Survival-Fall ist es außerdem wichtig zu wissen, dass Insekten auch roh essbar sind - etwa Ameisen. Aber das würde ich wirklich nur im absoluten Notfall empfehlen, wenn keine Möglichkeit zum Erhitzen besteht. Das Erhitzen macht sie nicht nur sicherer, sondern auch deutlich schmackhafter durch die Entwicklung von Röstaromen."
4. Welche Risiken gibt es beim Essen von Insekten in der Wildnis, und wie kann man diese minimieren?
Marco: "Ein paar Grundregeln helfen, Risiken zu minimieren. Vermeide Insekten mit auffällig grellen Farben, da diese oft Giftigkeit signalisieren. Auch stark riechende Insekten solltest du meiden.
Generell gilt: Wenn du dir unsicher bist, lieber die Finger davon lassen. Es ist auch wichtig, die Insekten zu erhitzen, um potenzielle Parasiten oder Bakterien abzutöten. Ameisen und Larven sind recht sicher, aber Spinnen, Skorpione oder Raupen können problematisch sein."
5. Viele Tiere nutzen Insekten als wichtige Nahrungsquelle. Glaubst du, dass der Mensch sich in dieser Hinsicht etwas von der Natur "abschauen" sollte?
Marco: "Absolut. Die Natur zeigt uns oft sehr eindrucksvoll, was seit Millionen von Jahren zuverlässig funktioniert. Viele Tiere, primär Vögel und kleine Säugetiere, nutzen Insekten als Hauptnahrungsquelle.
Sie sind nahrhaft, reich an Proteinen und Fetten und in großen Mengen verfügbar. Wenn wir die Weltbevölkerung nachhaltig ernähren wollen, könnte der Mensch viel davon lernen und Insekten stärker in die Ernährung integrieren."
6. Wenn jemand Insekten zu Hause züchten möchte – etwa Mehlwürmer – wie würdest du vorgehen?
Marco: "Das Züchten von Mehlwürmern ist tatsächlich relativ einfach und erfordert nur wenig Material. Du brauchst eine Plastikbox mit Belüftungslöchern, etwas Kleie oder Haferflocken als Substrat und vereinzelt Obst oder Gemüse für die Feuchtigkeitsversorgung.
Mehlwürmer brauchen eine konstante Temperatur um die 25 Grad Celsius und etwas Geduld. Alle paar Wochen musst du das Substrat wechseln und kannst die Würmer ernten. Es ist wirklich ein überschaubarer Aufwand und ideal für den Einstieg in die Insektenzucht."
7. Viele Leute sind noch skeptisch, was das Essen von Insekten angeht. Was wären deiner Meinung nach die besten Argumente, um diese Skepsis zu überwinden?
Marco: "Ein starkes Argument ist der Umweltaspekt: Die Insektenzucht benötigt deutlich weniger Ressourcen als die konventionelle Viehzucht – weniger Wasser, weniger Land und weniger Futter.
Und spannend finde ich auch, dass keine Hormone, keine Pestizide und keine Antibiotika bei der Insektenzucht zum Einsatz kommen.
Viele haben auch Bedenken bezüglich der Eignung der Insekten als Lebensmittel. Hier ist es immer wichtig zu erwähnen, dass die bei uns angebotenen Insekten unter kontrollierten Bedingungen speziell für den menschlichen Verzehr gezüchtet werden.
Und dann ist da natürlich noch der kulinarische Aspekt zu erwähnen. Die Insekten haben einen recht milden Geschmack, der aber an Erdnüsse und Mandeln erinnert. Sie lassen sich so super als Topping für verschiedene Gerichte verwenden und machen die Gerichte einfach interessanter.
Ich erlebe es immer wieder: Leute überwinden sich und probieren, und dann sind sie überrascht, wie gut Insekten schmecken können. Viele unserer Kunden lieben etwa unsere knusprigen, gewürzten Insekten-Snacks. Letztlich ist es auch eine Frage der Gewöhnung. In vielen Teilen der Welt gehören Insekten schon lange zur normalen Ernährung."
8. Kannst du genauer erklären, warum die Zucht von Insekten so viel weniger Wasser und Landfläche benötigt als die konventionelle Viehzucht?
Marco: "Insekten sind wechselwarme Tiere und wandeln daher die über das Futter aufgenommene Energie sehr effizient in Lebendmasse um. Sie brauchen nur einen Bruchteil der Fläche, den etwa Rinder benötigen. Außerdem benötigen sie 2500 Mal weniger Wasser als Rinder, da sie einen Großteil der benötigten Feuchtigkeit aus ihrer Nahrung ziehen.
Auch bei der Futterverwertung sind Insekten Spitzenreiter: Während ein Rind etwa 8 kg Futter braucht, um 1 kg Fleisch zu produzieren, benötigen Insekten nur 1 kg Futter für die gleiche Menge.
Und das ist nicht alles: Insekten produzieren 100 x weniger CO₂ und brauchen 12,5 x weniger an Fläche im Vergleich zu Rindfleisch.
Das macht die Insektenzucht zu einer der nachhaltigsten Formen der Proteingewinnung.
Aber das ist nicht alles: Außerdem sind Insekten extrem nahrhaft. Sie bestehen aus bis zu 70 % hochwertigen Proteinen. Alle acht essenziellen Aminosäuren sind enthalten. Hinzukommen Vitamine, ein hoher Zinkanteil und sie sind reich an ungesättigten Omega-3-Fettsäuren."
9. Wenn du an eure ersten Versuche zur Insektenzucht denkst – was war die größte Herausforderung, und wie wurde sie bewältigt?
Marco: "Die größte Herausforderung war es, die optimalen Haltungsbedingungen zu finden, insbesondere die richtige Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Manche Insekten reagieren sehr empfindlich auf ihre Umgebung.
Durch die Erfahrung unserer Kollegen, allem voran unserem Biologen, konnten wir aber relativ schnell eine funktionierende Speiseinsektenzucht aufbauen. Heute sind diese Parameter fest in unserem Prozess verankert."
10. Kannst du uns einen konkreten Einblick in deine Produktionszyklen geben?
Marco: "Die Insekten werden in Zuchtkisten gehalten und darin über 4–6 Wochen regelmäßig mit neuem Futter versorgt. Im Anschluss daran werden sie eingefroren, gereinigt und dann über unsere Ofenanlage getrocknet. Danach folgt die Analyse der Produkte und das anschließende Verpacken. Es ist ein sehr schlanker Prozess, und die Zyklen sind dank des schnellen Wachstums der Insekten sehr kurz."
11. Wie siehst du die Rolle von Insekten in der Ernährung der Zukunft? Werden sie eher eine Nische bleiben oder denkst du, dass sie einmal eine zentrale Rolle in unserer Ernährung spielen könnten?
Marco: "Ich glaube, dass Insekten zunächst eine Ergänzung sein werden, besonders in verarbeiteten Lebensmitteln wie Proteinriegeln oder Snacks. Aber je mehr Menschen sich daran gewöhnen und die Vorteile erkennen, desto größer wird ihr Anteil an unserer Ernährung werden.
In Asien sind Insekten schon jetzt ganz normal, und ich denke, dass wir auch hier in Europa auf lange Sicht eine ähnliche Entwicklung sehen könnten. Es wird wahrscheinlich eine Generation dauern, aber ich bin optimistisch, dass Insekten eine wichtige Rolle spielen werden."
12. Was wären die ersten Schritte, die du jemandem empfehlen würdest, der noch nie Insekten gegessen hat, es aber ausprobieren möchte?
Marco: "Ich würde mit etwas Einfachem und Leckerem anfangen – vielleicht gewürzten Heuschrecken oder Mehlwürmern. Sie sind knusprig und schmecken fast wie Chips.
Der Schlüssel ist, es einfach mal zu probieren, ohne große Vorbehalte. Oft hilft es auch, sie in etwas Bekanntem zu integrieren wie einen Salat oder Wrap. So merkt man, dass es gar nicht so exotisch ist, wie man denkt."
13. Gibt es ein Missverständnis über Insekten als Nahrungsquelle, das du hier klarstellen möchtest?
Marco: "Ein großes Missverständnis ist, dass Insekten unhygienisch oder gefährlich sind. Das stimmt nicht. Insekten, die für den Verzehr gezüchtet werden, unterliegen strengen Kontrollen und sind genauso sicher wie andere tierische Produkte. Sie sind keine "unreine" Nahrung, sondern werden unter kontrollierten Bedingungen gezüchtet und verarbeitet."
14. Was war dein erstes Insekten-Geschmackserlebnis in Kambodscha?
Marco: "Ich durfte in Kambodscha auf einem Streetfoodmarkt geröstete Käferlarven und Grillen probieren und war von dem Geschmack begeistert. Sie wurden mit Öl und Gewürzen zubereitet und haben geschmacklich sowie von der Konsistenz her an gebratene Hähnchenhaut erinnert.
Als ich dann zurück in Deutschland von einem befreundeten Biologen erfahren habe, dass Insekten auch hier bei uns kontrolliert gezüchtet werden können und das Potenzial haben, unsere Ernährung zu revolutionieren, war das der Startschuss für unser Unternehmen."
15. Welches ist dein persönlicher Lieblings-Insekten-Snack, und wie bereitest du ihn zu?
Marco: "Ich liebe unsere Insektenchips. Sie sind knusprig, würzig und ein perfekter Snack für zwischendurch. Sie haben einen tollen Crunch und sind unglaublich nahrhaft. Das Beste daran ist, dass ich beim Naschen weiß, dass ich meinem Körper etwas Gutes tue und gleichzeitig die Umwelt schone."
Fazit und Einladung zum Probieren
Danke, Marco, dass du dir die Zeit genommen hast, uns so spannende Einblicke in die Welt der Insekten zu geben. Das Interview führte Martin Gebhardt per Zoom.
Insekten sind in der Tat eine tolle Eiweißquelle für viel Energie, besonders in Notsituationen und nun auch auf manchem Teller bei uns zu Hause oder im Wander-Rucksack als Power-Snack.
Da ich das Thema spannend finde, habe ich eine eigene kleine Mehlwurmzucht gestartet. Ich bin gespannt, wie es klappt und freue mich auf dieses Experiment.
Wenn du, lieber Leser, neugierig geworden bist und Insekten probieren möchtest, schau doch mal bei Catch-Your-Bug vorbei. Ich kann dir wärmstens die Produkte empfehlen.
P. S. Du suchst die hochwertigste Outdoor-Ausrüstung? Dann gehts hier zu den Kaufratgebern. Finde hier meine Liste zur eigenen Ausrüstung, die ich regelmäßig nutze.
Autor des Ratgebers
Martin Gebhardt
Hey, ich bin Martin und ich bin Wildnis-Mentor. Auf meinem Blog lernst du die Basics sowie zahlreiche Details zum Outdoor-Leben. Schnapp dir meine 35 einfach umsetzbaren Survival-Hacks, um ab morgen nicht mehr planlos im Wald zu stehen. Lies mehr über mich auf meiner “Über mich”-Seite.
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