Die Brennnessel – diese vielseitige Power-Pflanze sollte dein Outdoor-Freund werden
Lerne alle Fakten über die vielseitige Power-Pflanze Brennnessel und wie du sie in der Wildnis als Nahrung, für Seile und als Heil- und Kräftemittel nutzt.
Von Martin Gebhardt. Schaue auf meine “Über mich”-Seite und abonniere meinen Newsletter.
👉 Das Wichtigste in Kürze
- Die Brennnessel ist eine vielseitige Nutzpflanze, die seit der Altsteinzeit verwendet wird.
- Sie wächst fast überall auf der Erde, außer in der Arktis.
- Die Pflanze kann zur Herstellung von Seilen, Kleidung und als Heilmittel genutzt werden.
- Brennnesseln sind reich an Vitamin A, C, Magnesium, Kalzium, Eisen und Eiweiß.
- Als Nahrungsmittel können sie als Tee, Smoothie, Salat, Spinat oder in Pfannkuchen verwendet werden.
- Brennnesselsamen enthalten hormonähnliche Substanzen, Vitamin E und Linolsäure, die zur Fruchtbarkeit beitragen können.
Was ist deine erste Erinnerung an die Brennnessel?
Also ich meine, die Erste richtig bewusste?
Bekanntschaft haben wohl die meisten von uns schon mit dieser vielfältigen Pflanze gemacht.
Und selten war es eine Gute. Autsch.
Meine erste Erfahrung aber war eine gute.
Ich war mit meiner Oma hinter dem Gewächshaus und pflücke mit ihr Brennnesselblätter.
Ich höre sie heute noch sagen:
Du musst beim Anfassen von unten nach oben am Stiel entlangfahren, dann brennt es nicht.
Heute weiß ich, dass es daran liegt, dass die Härchen überwiegend nach oben wachsen.
Also: nicht einfach zupacken.
Damals war mir nicht klar, wie vielseitig die Brennnessel wirklich ist.
Wer stand noch nicht im Wald, baute sein Bushcraft-Lager auf und merkte dann, dass er nicht genug Seil dabei hat.
Oder er hat vergessen zu seinem 3-Gänge-Menü Beilagen mitzunehmen? Vielleicht ist dir auch beim Wandern schon mal der Schnürsenkel gerissen ohne brauchbaren Ersatz.
Du lernst nun alle wichtigen Fakten über die Brennnessel und wie du sie in der Wildnis als Nahrung, für Seile und als Heilmittel nutzt.
Nutzpflanze seit der Altsteinzeit
Die Brennnessel ist eine der vielfältigsten Unkräuter, die wir kennen.
Schon seit mehreren Tausend Jahren wurden aus Brennnesselfasern Kleidung und sogar Uniformen gefertigt. Die Kelten (ca. 650 v. Chr.) stellten aus Nesselfasern Stricke, Seile, Säcke und feine Hemdenstoffe her.
Und sogar in der Altsteinzeit wurde die Brennnessel schon benutzt, um Netze, Reusen und Tragetaschen herzustellen. Neben Leinen und Hanf, war die Brennnessel die drittwichtigste Faser- und Gespinstpflanze im Altertum.
Um 1900 nähte gerade die ärmere Bevölkerung ihre Kleidung aus den Fasern. Durch die Rohstoffknappheit im Zweiten Weltkrieg wurde sogar verstärkt aus Nesselfasern gewebtes Tuch für die Arme-Bekleidung verwendet.
Aber es kommt noch besser. Die Brennnessel ist essbar und du stellst daraus Seile her. Aber dazu gleich mehr.
Finden kannst du die große Brennnessel überall
Sie ist eine absolute Weltenbummlerin und macht sich überall breit, wie Blattläuse auf Frühling.
Das einzige Land, indem die Pflanze der Gattung Urtica nicht vorkommt, ist die Arktis.
Besonders vielfältig findet man sie dagegen in China.
Vierzehn der 30 bis 70 Brennnesselarten sind hier in Europa beheimatet. Im deutschsprachigen Raum sind es immerhin vier Arten.
Sie wachsen am liebsten an nährstoffreichen Stellen. Auf Brachflächen (z. B. bei den allseits beliebten "Lost-Places" finde ich IMMER auch Brennnessel), in Gärten, Wald- und Wegrändern und an Böschungen.
So erkennst du die Brennnessel
Erkennen kannst du sie unkompliziert:
- Sie wächst nie einzeln, sondern belagert gleich büschelweise ganze Flächen.
- Die Pflanze wird je nach Art zwischen 10 und 300 Zentimeter hoch.
- An den vierkantigen Stängeln wachsen die kreuzweise (zwei große und zwei kleine gegenüberliegenden Blätter) an der Sprossachse angeordneten speerförmigen Blätter.
- Die Blätter sind immer mehr oder weniger stark gezahnt und wie alle oberirdischen Pflanzenteile mit Brennhaaren besetzt.
Die Brennhaare sollen Fressfeinde abschrecken – mit mehr oder weniger großen Erfolg, da besonders viele Schmetterlings- und Falterraupen sich die abschreckende Wirkung zunutze machen.
Mich fasziniert, wie einfallsreich die Natur diese Haare entwickelt hat
Modernste Technik würde für die gleiche Leistung, die mal so eben jedes Jahr aus dem Boden wächst, so viel kosten, wie Onkel Dagobert in seinem Safe besitzt.
Die kleinen einzelligen Röhren bestehen im oberen Teil aus eingelagerter Kieselsäure und sind dadurch spröde und brüchig wie Glas. Das in Vergleich stark angeschwollene untere Ende ist mit der ameisensäurehaltigen Flüssigkeit in einen Zellbecher eingesenkt.
Die darüber liegende sehr dünne Wand der Spitze bildet eine Art Sollbruchstelle. Beim Abbrechen verletzt die Spitze die Haut und die Flüssigkeit kann eindringen. So entsteht der sehr bekannte brennende Schmerz.
Verwechseln kannst du sie mit einigen anderen Nesselarten, die aber alle ungefährlich sind und an den fehlenden Brennhaaren leicht zu unterscheiden sind.
Für die folgenden Verwendungsarten verwendest du am besten die bei uns heimisch große Brennnessel.
Bushcraft mit der Brennnessel
Nun gehts ab zu Meister Eder in die Werkstatt. Wobei hilft uns die Brennnessel im Busch?
Die Herstellung einer stabilen Schnur zum Spannen des Tarps, als Aufhänger für den Rucksack, als Schnürsenkel-Ersatz oder vieles mehr ist selbst für Bushcraft-Laien schnell gemacht.
Du löst die äußeren Fasern am Stil der Brennnessel, sodass du mindestens zwei oder mehr Millimeter breite Faserstreifen bekommst.
Immer zwei Stränge werden zusammen gebunden und an einem Ast, am Schuh oder anderswo fixiert. Jetzt wird jeder Strang für sich im Uhrzeigersinn gedreht und sobald sie anfangen sich zusammen zu zwirbeln, drehst du sie umeinander.
Die Länge erreichst du, indem du kurz vor dem Ende der einzelnen Fasern die nächsten mit in das entstehende Seil einbringst. So entsteht ein festes Seil, mit dem man sogar einen 25 kg Rucksack heben und aufhängen kann.
Ich habe der Seilherstellung eine ganze Anleitung gewidmet. Dort findest du eine Schritt-für-Schritt-Anleitung und viele bunte Bildchen sowie ein Video.
Schaue sie dir hier an: Wie du selbst Seile herstellst.
Als Arznei beliebt bei unseren Vorfahren
Auch über die Gesundheit wurden über das heutige Unkraut schon vor Christus, Gedichte geschrieben und Loblieder gesungen.
Schon unsere Vorfahren kannten die blutreinigende und entgiftende Wirkung der Pflanze. Die Brennnessel wirkt harntreibend und entschlackend.
So hilft ein Teeaufguss aus den Blättern bei:
- Blasenentzündung
- Nierensteinen
- Nierengries
Sie hilft auch:
- gegen allerhand Hautkrankheiten
- um Rheuma und Gicht zu lindern (als zerstoßene Früchte)
- zur Blutbildung
- zur Erhöhung der Enzymproduktion der Bauspeicheldrüse
- gegen Verdauungsleiden
- bei Gallenerkrankungen
- bei zu hohem Blutzucker
- bei Entzündungen
Äußerlich anwendbar bei:
- Kopfschuppen
- fettigem Haar
Die Wurzel (als Tinktur) hingegen hilft beim Wasserlassen und lindert Beschwerden bei beginnender Prostata.
Interessant zu wissen: die Brennnessel soll eine krebsvorbeugende Wirkung besitzen.
Besonders auf die Samen möchte ich kurz eingehen. Denn sie enthalten:
- hormonähnliche Substanzen
- Sitosterin (zählt zur Gruppe der Phytosterine, deren chemische Strukturen Ähnlichkeit mit der von Cholesterin aufweisen)
- Vitamin E (bis zu 0,1 % / 100 g)
- 30 % fettes Öl (besonders Linolsäure)
All diese Wirkstoffe sollen zur Fruchtbarkeit beitragen, allgemeine Körperfunktionen anregen, gegen chronische Müdigkeit und Leistungs- und Potenzschwäche helfen.
Bei stillenden Müttern soll die Milchbildung angeregt werden und bei Männern die Samenproduktion.
Genial, oder? War dir klar, dass die Brennnessel so viel Power hat, wie Popeye in seinen Spinatdosen?
Witziger Faktor am Rande: Im Mittelalter war es Mönchen und Nonnen verboten die Brennneselsamen zu essen. Diese galten als Sextonikum und wirkten anscheinend unheimlich vitalisierend.
Ob das nun stimmt, muss jeder für sich selbst entscheiden. ;-)
Fakt ist aber, dass schon die Kelten die Brennnesselsamen als Kräftigungsmittel verzerrt haben.
Und die Germanen (und wahrscheinlich auch die Kelten) weihten die Brennnessel ihrem Donnergott Donar (auch Thor genannt). Dieser Gott stand für Fruchtbarkeit, männliche Potenz und erfolgreiches Bierbrauen.
Prost.
Lerne 11 lebensgefährliche Giftpflanzen kennen, die mit essbaren Wildpflanzen fast identisch sind und daher schnell verwechselt werden können. Ich zeige dir eindeutige Merkmale zur Unterscheidung.
Schau dir hier meinen Pocket Field Guide an.
Leckereien aus der Brennnessel
Die Brennnessel ist einjährig. Sie stirbt im Herbst ab und erst im Frühjahr wachst sie erneut aus den Wurzeln hervor.
Deshalb solltest du dir zum Beispiel für deinen Tee oder als Vitaminquelle einen Vorrat für den Winter anlegen.
Die beste Zeit um die grünen Triebe zu sammeln, ist von Anfang März bis Ende Mai.
Blätter als Spinat, Salat oder zu Nudeln
Dein Lager steht. Doch leider musst du feststellen, dass eine schmackhafte Beilage zur veganen oder herkömmlichen Frikadelle fehlt.
Auch hier kann die Brennnessel vielfältig zum Einsatz kommen. Als Suppe, Püree, Pesto oder als Beilage (z. B. für das Rezept Brennnesselnudeln) eignet sie sich gut.
Und du machst aus der Brennnessel Tees, Smoothies, Salate oder auch Kräuterbutter. Die oberen zarten Spitzen sind großartig für einen Wildspinat.
Die männlichen, länglichen Blüten eignen sich in Butter geschwenkt als Dekoration.
Hinzu kommt: Brennnesseln liefern dir Vitamin A und C (doppelt so viel wie in einer Orange), Magnesium, Kalzium, Eisen und Eiweiß.
Kleiner Tipp: Vor dem Rohverzehr die Blätter zwischen zwei Stofflagen mit einem Ast überrollen oder fest im Stoff wringen. Dadurch werden die Brennhaare zerstört und verlieren ihre Wirkung.
Gut dazu passen Knoblauchrauke, Girsch oder wilder Schnittlauch gewürzt mit Salz.
Lies du zu mehr Pflanzen-Wissen auch meinen Artikel "Essbare Pflanzen: diese Notnahrung findest du im Wald (Liste + Bilder)" durch.
Nussige Samen
Die Samen der weiblichen Pflanzen gibst du zerstoßen über Salate oder andere Speisen.
Sie schmecken leicht nussig und du sammelst sie zwischen Anfang September und Ende November.
Die Samen gewinnst du am besten, indem du die ganzen Rispen trocknest.
Du zerreibst die trockenen Pflanzenteile wie ein Wollknäuel und die Samen lösen sich leicht ab.
Um die Samen zu lagern, füllst du die Ausbeute in ein dunkles Glas oder Porzellangefäß.
Mein Lieblingsrezept: herzhafte Brennnessel-Pfannkuchen
Hier eines meiner Lieblingsrezepte, welches dir einen Vitaminstoß versetzt:
- 4 Eier
- 500 ml Milch
- 1 Prise Salz und Pfeffer
- 250 g Mehl
- 2 Esslöffel Butter
- 4 Handvoll frische junge Brennnesselblätter
Zubereitung:
Um die Brennnesselblätter gefahrlos verarbeiten zu können, übergieße diese mit kochendem Wasser. Dadurch verlieren die Brennhaare ihre Wirkung. Nun können die Blätter von den Stielen entfernt und klein gehackt werden.
- Das Mehl, die Eier und die Milch in einer Schüssel zu einem leicht zähflüssigen Teig verrühren.
- Nach Geschmack Salz und Pfeffer dazugeben und die geschmolzene Butter unterrühren.
- Den Teig nochmals glatt rühren und 20 bis 30 Minuten ruhen lassen.
- Nachdem der Teig geruht hatte, rühre die Brennnessel unter.
- In einer Pfanne mit erhitztem Öl werden die Pfannkuchen bei mittlerer Hitze von beiden Seiten ausgebacken. Als Dekoration kannst du noch die Blüten in Butter ausbacken und über die Pfannkuchen streuen.
Guten Appetit.
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Was hast du schon von Brennnesseln gegessen? Hat es geklappt Seile daraus zu machen? Schreib es in die Kommentare.
Fragen und Antworten (Q&A) zum Thema
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Autor des Ratgebers
Martin Gebhardt
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