Warum der Sitzplatz das Wunderwerkzeug der Wildnispädagogik ist
Der Sitzplatz ist eine der wichtigsten Kernroutinen in der Wildnispädagogik. Wie du damit anfängst und was er für dich bedeutet, lernst du in diesem Ratgeber.
Von Tanja . Finde mich hier auf Instagram oder auf meiner Website.
👉 Das Wichtigste in Kürze
- Entdecke den Sitzplatz als Werkzeug für eine tiefe Naturverbindung und Selbstreflexion.
- Suche dir einen Platz in der Natur, der dir gefällt und leicht zugänglich ist.
- Setze dich mindestens einmal pro Woche, am besten täglich, still an deinen Sitzplatz.
- Beobachte die Umgebung und lerne die private Welt der wilden Tiere und Pflanzen kennen.
- Entwickle eine gesteigerte Wahrnehmung und lasse den Platz zu deinem Lehrer werden.
- Genieße die Vorteile eines Sitzplatzes, wie Vertrautheit mit der Natur und gesteigerte Achtsamkeit.
Stell dir vor, es gäbe ein Werkzeug, welches dir ermöglicht eine wirklich tiefe Naturverbindung herzustellen.
Es würde deine Wahrnehmung steigern, dich innerlich zur Ruhe kommen lassen und ganz nebenher könntest du dabei noch jede Menge über Tiere und Pflanzen lernen.
Dinge, die du nicht aus Büchern lernst.
Klingt fantastisch, oder?
Tatsächlich gibt es dieses Wunderwerkzeug und ich will dir heute erzählen, was es ist und wie du es ganz einfach in dein Leben integrierst.
Was ist der Sitzplatz?
Der Sitzplatz ist eine der Kernroutinen der Wildnispädagogik.
Für mich ist sie die Wichtigste von allen.
Ich kenne keine besser Art, mich mit der Natur zu verbinden und zu meiner eigenen, inneren Ruhe zu kommen.
Du lernst dort nicht nur wahnsinnig viel über die Natur und alles, was in ihr lebt, sondern auch (das macht es noch spannender) ganz viel über dich selbst.
Dieser Ort ist ein Selbsterfahrungsbooster für dich.
Die Werkzeuge der Wildnispädagogik sind sehr alt. Ihre Wurzeln gehen tief zurück in das Wissen der Naturvölker.
Allem voran steht die spannende Geschichte von Tom Brown Jr., der seine Kindheit mit dem Apachen Stalking Wolf verbringen durfte und von ihm alle Geheimnisse lernte, die wir heute durch die Wildnispädagogik wieder entdecken dürfen.
Dazu erzähle ich dir in einem anderen Artikel gerne mehr.
Heute soll es erst mal um deinen persönlichen Platz in der Natur gehen.
Wie starte ich mit diesem Wunderwerkzeug?
Es ist ganz einfach.
Du suchst dir draußen einen Platz, an dem du dich wohlfühlst und mit dessen Gefahren du dich vertraut gemacht hast (Lies hier: Gefahren im Wald – auf diese 15 Dinge solltest du achten).
Es ist nicht wichtig, ob es ein besonders schöner Platz ist, allerdings kann es für deine Motivation zu Anfang hilfreich sein, wenn er dir gut gefällt.
Achte darauf, dass er nicht zu weit von deinem Zuhause entfernt ist, denn es soll dir unkompliziert und spielerisch gelingen, diese Routine in deinen Alltag zu integrieren.
Mindestens einmal in der Woche, aber am besten täglich, solltest du deinen Sitzplatz aufsuchen.
Im Idealfall ist dein Sitzplatz im Wald, oder an einem Gewässer, wo eine große Artenvielfalt herrscht.
Es kann aber auch ein Stadtpark, Grünstreifen oder eine Ecke in deinem Garten sein.
Wichtig ist, dass du anfängst und nicht, dass alle Umstände perfekt sind.
Still sitzen
Du hast einen Platz gefunden? Dann fängt jetzt der Teil an, der sowohl simpel als auch schwierig ist.
Wie der Name schon sagt, besteht die Praxis darin, stillzusitzen.
In gewisser Weise öffnet dir das stille Sitzen ein Tor zu einer Welt, die Menschen im Normalfall verborgen bleibt.
Je ruhiger und bewegungsloser du verharrst und mithilfe deines Eulenblickes (Peripheres Sehen) beobachtest, umso mehr wirst du Eins mit deiner Umgebung.
Du lernst so nur durch deine Anwesenheit, die ganz private Welt der wilden Tiere und die Sprache der Vögel kennen.
Durch deine längeren und immer wiederkehrenden Besuche an diesem Ort wirst du tatsächlich mit deiner Umwelt verschmelzen und nicht mehr als Eindringling wahrgenommen.
In der Tat wird es dazu führen, dass Tiere in deiner Umgebung sich wieder ihren natürlichen Abläufen widmen und du Dinge beobachtest, die du aus Büchern so niemals lernen könntest.
Auch die gesamte Fauna um dich herum wird dir vertraut. Du wirst heimisch.
Lies auch
33 Tipps für mehr Naturverbundenheit – So stärkst du deine Naturverbindung – Du sehnst dich nach mehr Naturverbundenheit? Hier findest du 33 konkrete Übungen und Ideen, mit denen du deine Naturverbindung einfach stärken kannst.
Eine kleine Geschichte zum Sitzplatz
An meinem Sitzplatz gibt es einen alten Dachsbau. Dachse geben ihren Bau oft von Generation zu Generation weiter und leben auch manchmal mit mehreren
Generationen in einem Bau.
Die haben das Prinzip von nachhaltigem Wohnen verstanden. Demnach können die Bauten sehr alt und groß sein.
Ich habe nie einen Dachs dort zu Gesicht bekommen, denn sie sind sehr scheu und in der Regel nachts aktiv.
Je öfter ich an meinem Platz war, desto schneller nahmen die Vögel keine Notiz mehr von mir und nach einer Weile irritierte sie nicht einmal mehr mein Ankommen.
Ausgezeichnete Voraussetzungen also, um wilde Tiere zu beobachten.
An einem herrlich warmen Tag im Juli, die Sonne schien durch die Äste und warf ihr Licht genau vor einen der Ausgänge, kam doch tatsächlich der Dachs aus seinem Bau.
Und das mitten am Nachmittag. Ich war so überwältigt, dass ich den Atem einen Moment anhielt.
Dass Dachse groß sind, weiß ich. Aber als er da so vor seinem Bau stand, nur ein paar Meter von mir entfernt, war ich überrascht.
Ich rechnete damit, dass er mich gleich entdecken und dann wieder in seinen Bau verschwinden würde. Er schnüffelte den Boden ab und legte sich gemütlich in die Sonne.
Es gab keinen Vogelalarm durch meine Anwesenheit und auch sonst schien er mich nicht zu wittern.
Ich konnte ihn dort eine ganze Weile lang beobachten. Die Färbung und Struktur seines Felles, sein Gesicht und auch seine Pfoten mit ihren langen Krallen.
Ich prägte mir jedes Detail genau ein und skizzierte es zu Hause in mein Arten Journal. Was für eine magische Begegnung.
Einen Dachs mitten am Tag zu treffen, ist wirklich etwas ganz Besonderes.
Ich erzähle und höre bei meinen Kursen gerne Sitzplatz-Geschichten.
Sowohl Kinder als auch Erwachsene hören immer gespannt zu und können manchmal gar nicht fassen, was alles passiert, während man einfach nur da sitzt.
Die meisten Tierbegegnungen habe ich auf meinem Sitzplatz erlebt und ich weiß, dass es dir auch so ergehen wird.
Deine Wahrnehmung: Der Platz wird zum Mentor
Kleine Veränderungen, durch das Wetter und durch das Spiel der Jahreszeiten, werden dir während deiner Sitzplatz-Routine immer schneller auffallen.
Du entwickelst eine gesteigerte Wahrnehmungskraft.
Dein Platz wird zu deinem Lehrer.
Er wird dir ein vertrauter Ort und auch ein Hafen der Sicherheit, wenn du einmal Trost benötigst.
Er lässt dich achtsam werden für das, was um dich herum und auch in dir drin geschieht.
Durch diese Routine wirst du dich nun anders und viel sicherer in der Natur bewegen.
Du wirst ganz genau wissen, wo du wann welche Tiere triffst, wo unter anderem Zecken zu erwarten sind und wann du besser einen Regenponcho einpackst. Und dafür wirst du keinen Wetterbericht mehr benötigen.
Idealerweise fertigst du auch mal eine Karte von der Umgebung an.
Deine Aufgabe: Nichts tun
Nichts zu tun, alle Ablenkungen bewusst wegzulassen, ist befreiend, aber auch schwierig.
Der moderne Mensch ist heute in einem ständigem Tätigkeitstaumel, sodass es im ersten Moment gar nicht so leicht ist, nur still da zu sitzen.
Allerhand Gefühle, Gedanken und vielleicht sogar Ängste tauchen auf.
Sie kreisen wie ein Schwarm Mücken um dich herum und brummen mindestens doppelt so laut.
Es wäre doch so einfach, jetzt das Smartphone herauszuholen und sich wieder abzulenken.
Wenn das passiert, habe ich hier einen kleinen Tipp für dich: Lass deine Gedanken und Gefühle zu und schreibe sie auf.
Ich habe das zu Anfang oft getan. Alles, was da so hochkam, landete in meinem Notizheft.
Dieses legte ich dann beiseite und ich konnte mich so besser auf meine Umgebung einlassen. Später habe ich mich dann näher mit ihnen beschäftigt.
Eine Übung für deine Sitzplatz-Routine
Ich möchte dir außerdem heute noch eine kleine Übung mit auf den Weg geben, die dir das Ankommen an deinem Platz etwas leichter macht.
Atme tief ein und aus. Konzentriere dich darauf, wie sich der Boden anfühlt, auf dem du sitzt.
Ist er warm oder kalt? Eher weich oder hart? Wie fühlt sich dein Rücken gerade an? Sitzt du gemütlich?
Lenke deine Aufmerksamkeit jetzt auf deine Umgebung.
Wie riecht es hier? Woher kommt der Wind und wie fühlt er sich an? Aus welcher Richtung scheint die Sonne, oder wohin fallen die Schatten der Bäume?
Welche Geräusche nimmst du wahr? Was ist das lauteste Tier, welches du hörst?
Du kannst dich so von Frage zu Frage immer mehr einlassen.
Wichtig ist, dass du dich entspannst und nicht versuchst etwas zu erzwingen.
Tipp: Schau dir meine Atemübungen an, die du alle im Bundle bekommst.
5 Gründe, die für einen Sitzplatz sprechen
1. Du verlierst nach und nach alle Berührungsängste mit der Natur.
2. Es ist dein Rückzugsort, an dem du dich besser kennenlernst.
3. Du wirst heimisch in der Natur und vertraut mit der Tier- und Pflanzenwelt.
4. Deine Wahrnehmung steigert sich.
5. Er ist dein bester Lehrer, um tiefe Naturverbindung zu erfahren.
Und nun wünsche ich dir viel Freude beim Entdecken deines eigenen, ganz persönlichen Platzes in der Natur.
Ich bin sehr auf deine Sitzplatz-Geschichten gespannt. Schreib sie hier gerne in die Kommentare.
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