Rindengerbung (vegetabile Gerbung) – Eine Anleitung, wie du ohne Vorkenntnisse ein Fell oder eine Haut selbst gerbst
Mit der Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Rindengerbung kannst du als Anfänger lernen, wie du einfach ein Fell oder eine Haut gerbst und zu Leder verarbeitest.
Von Martin Gebhardt. Schaue auf meine “Über mich”-Seite und abonniere meinen Newsletter.
👉 Das Wichtigste in Kürze
- Die Gerbung von Tierhäuten ist eine alte Handwerkskunst, die du mit einfachen Materialien wie Eichenrinde und Eigelb selbst durchführen kannst.
- Die Vorbereitung der Tierhaut ist entscheidend: Entferne Fleisch- und Fettreste gründlich und entscheide, ob du die Haare entfernen möchtest.
- Die Gerbflüssigkeit wird aus Eichenrinde hergestellt, die du auskochst, um einen dunklen "Tee" zu erhalten.
- Die Haut wird in den Gerbtee gegeben und dort für eine bestimmte Zeit belassen, um die Tannine aufzunehmen.
- Überprüfe regelmäßig den Gerbprozess und stelle sicher, dass die Haut vollständig mit Tanninen durchzogen ist.
- Am Ende des Gerbprozesses sollte die Haut weich und haltbar sein.
Im Internet und auf YouTube findest du viele Anleitungen zum Felle gerben.
Die sind jedoch meistens nicht vollständig oder ungenau. Auf manchen Webseiten findest du sogar extrem komplizierte Anleitung, die nur wenige Menschen nachvollziehen können und niemand zu Hause machen kann.
Doch Häute und Felle von Säugetieren oder Haut von Fischen zu gerben, ist kein Zauberwerk.
Ich möchte dir in diesem Ratgeber nun zeigen, wie du selbst deine eigenen Häute und Felle mit Pflanzen gerbst.
Profitiere von meiner Erfahrung, denn ich habe sowohl die Haut von Rehwild, Damwild, Rotwild, Widder, Kaninchen und Fische erfolgreich gegerbt.
Du brauchst selbst nicht viel Dinge dafür, außer handelsübliche Materialien, etwas Eichenrinde und Öl.
Also lass uns loslegen – und schon bald wirst du bestimmt deine eigenen Felle und Häute gerben.
Gerben als Jahrtausend alte Handwerkskunst
Das Gerben von Tierhäuten und -pelzen ist ein sehr zufriedenstellendes und altes Handwerk.
Seit etwa 6000 v. u. Z. gibt es die Trangerbung / Fettgerbung, die als ältestes Gerbverfahren bekannt ist.
Pflanzliche Gerbung hingegen wird seit etwa 4000 Jahren, in der Bronzezeit, praktiziert.
Dabei möchte ich als Erstes darauf hinweisen, dass es viele Prozesse und Methoden gibt, die du anwenden kannst, um diese natürlichen Materialien zu erhalten.
Meine Methode, die ich dir hier später detailliert zeige, ist nicht die einzig Wahre – es gibt auch andere Methoden, die funktionieren.
Ein direkter und einfacher Ansatz besteht darin, deine Tierhaut oder dein Fell in pflanzlichen Tanninen zu tränken.
Diese Märzmethode wird auch „vegetabile Gerbung“ genannt, weil man sich nur auf pflanzliche Stoffe beschränkt.
Es gibt wie oben genannt auch die Fett- und Rauchgerbung, bei dem mit Fett von Tieren gegerbt wird.
👉 Eine komplette Anleitung zur Fett- und Rauchgerbung findest du hier bei mir "Was ist Hirngerbung für Leder? - Wie du Wildleder / Buckskin herstellst".
Bei der vegetabile Gerbung kannst du fast jede Baumrinde auskochen, um einen dunkelbraunen „Tee“ zu erhalten, in den du die Haut eintauchst.
Rindenart, Auszug und Zeitdauer spielen eine Rolle
Je nachdem, welche Rindenart du für die Tannine verwendest und ob du die Rinde kochst oder einfach kalt einweichst, entstehen unterschiedliche Arten von Tanninen.
Diese haben verschiedene Auswirkungen auf die Haut, die du gerbst.
Es gibt zahlreiche Faktoren, die die resultierenden Produkte beeinflussen, zum Beispiel:
- Die Art des Fells, das du einweichst
- Die Zeitdauer, in der die Häute eingeweicht werden
- Kalt eingeweichte oder ausgekochte Tannine
- Art der verwendeten Baumrinde
- Wie und wann du dann das resultierende Leder weich machst
Das Schöne ist, dass du durch die Gerbflüssigkeit Farbgebung, Dicke, Flexibilität und weitere Materialeigenschaften beeinflussen kannst.
Ein Beispiel dafür, wie unterschiedlich pflanzlich gegerbte Produkte sein können, ist der Vergleich zwischen Lederrüstungen, die hart, dick und sehr unflexibel sind, und dem weichen, geschmeidigen und wasserfesten Leder, das für Schuhe erforderlich ist.
Aber das soll zunächst keine Rolle spielen und ist für fortgeschrittene Prozesse interessant. Du bist sicher hier, weil du selbst eine Haut gerben möchtest und wahrscheinlich noch wenig Erfahrung hast.
Wie man Tierhäute haltbar macht und sie zu nützlichen Werkzeugen verwandelt
Tierhäute und Felle mit Tanninen zu konservieren, ist eine äußerst nützliche Fertigkeit beim Naturhandwerk.
Historisch gesehen waren viele Industrien auf Lederprodukte angewiesen, was die Bedeutung dieser Fertigkeit hervorhebt.
Hier sind einige Beispiele für die Verwendung von Leder:
- Sättel, Riemen und Reitgeschirr
- Scharniere
- Stiefel, Schuhwaren, Hüte und Handschuhe
- Kleidung
- Taschen
- Beutel (hier eine Anleitung)
- Köcher
- Rüstung
- Scheiden (hier eine Anleitung für eine Axtscheide)
- Sitzbezüge
- Seile
Früher, als es noch keine Kunststoffe und synthetischen Materialien gab, waren die Häute von großen Nutztieren wie Pferden und Kühen sehr begehrt. In Deutschland florierte die Gerbereiindustrie im großen Stil.
Unsere Eichenwälder lieferten Holz für die Bauindustrie. Doch auch die Baumrinde war sehr wertvoll.
Sie wurde von den Stämmen abgeschält und zu den Gerbereien geschickt, wo sie weiterverarbeitet wurde. Dabei wurden die wertvollen Tannine extrahiert, die bei der Herstellung von robustem Leder aus frischen Tierhäuten verwendet wurden.
Daher kannst auch du davon profitieren und selbst mit Eichenrinde gerben.
Und damit steigen wir jetzt tiefer ein, wie du anfängst, mit der vegetabilen Gerbung ein Tierfell zu gerben.
Hinweise zum Umgang mit Häuten beim Gerben
- Verwende keine Behälter, Werkzeuge oder Gewichte aus Eisen oder Kohlenstoffstahl. Verwende stattdessen Kunststoff, Holz, Keramik, Glas oder Edelstahl.
- Nimm dir Zeit für den Prozess – Hektik ist kein guter Begleiter – Gerben benötigt einfach Zeit.
1. Die Tierhaut vorbereiten
Du hältst vielleicht Kaninchen oder Ziegen und möchtest das Fell und die Haut nicht entsorgen, sondern gerben?
Oder du hast ein Tier bekommen und die Haut willst du haltbar machen?
Dann bist du hier genau richtig.
Falls du ein Tier komplett bekommst, dann musst du es erst abziehen. Wie das gehen kann, zeige ich dir in diesem Video:
Wie bei jeder Art von Gerbung sind gefroren, nassgesalzen gelagerte oder frische Häute vorzuziehen. Ausgetrocknete Häute sind wohl schwieriger zu rehydrieren (Wassergehalt wieder steigern), aber ich habe es selbst noch nicht getestet.
Diese Art von Häuten solltest du also vorziehen:
- gefrorene Häute
- nassgesalzene Häute
- frische Häute
In dem Video erfährst du die wichtigsten Punkte zur Haltbarmachung mit Salz:
Wenn du planst, eine Tierhaut mit Baumrinde zu gerben, empfehle ich dir für den Anfang, eine dünne Haut zu wählen, die die Tannine schnell und effektiv aufnimmt.
Geeignet sind hier insbesondere die Häute von Kaninchen, Schafen, Ziegen oder Rehen.
Denn Fakt ist: Die Tannine sollten gleichmäßig durch die Haut wandern und nicht nur an der Oberfläche haften bleiben.
Passiert das, kann die Mitte der Haut mit der Zeit verrotten. Daher ist es ratsam, auf eine ausreichende Menge an Tanninen zu achten, um sie gleichmäßig zu verteilen.
Hier bietet sich also eine dünne Haut an, weil du dann fast nicht darauf achten musst, dass die Haut komplett mit den Tanninen durchzogen ist. Für Menschen, die mit dem Gerben anfangen ist das also perfekt.
(Wenn du eine dicke Haut hast, wie von einer Kuh, dann musst du mit einer leichten Gerblösung anfangen und die Gerblösung dann immer stärker machen)
Du könntest dich also zum Beispiel für ein Kaninchenfell entscheiden – dies sind dünne Häute.
Oder du nimmst eine Rehhaut:
Das machst du nun in den ersten Schritten:
- Ist die Haut nicht frisch, sondern gesalzen oder tiefgefroren, lass sie 24 Stunden unter Wasser einweichen. Wechsle das Wasser ein- bis zweimal.
- Mit Haaren: Wasche das Fell. Du kannst etwas Shampoo nehmen, falls du magst und die Haare sehr dreckig und fettig sind. Sollen die Haare ohnehin ab, spar dir diesen Schritt.
- Danach fängst du an, etwaige Fleisch- und Fettreste zu entfernen. Idealerweise ist nach dem Arbeitsschritt nur die Haut mit Haaren übrig, OHNE Fleisch und Fett daran.
Beim Häuten und Abkratzen der Innenfläche solltest du vorsichtig vorgehen, um Fleisch oder Fett zu entfernen.
Mir ist es schon passiert, dass ich die Innenhaut von Fleischresten befreien wollte und dann ist ein Loch entstanden und das Fell schaute durch.
Unten siehst du eine Rehhaut:
Und hier nutze ich ein stumpfes Messer, damit ich unter die Fleischreste fahren kann.
Oft kannst du auch große Stücke abziehen – mach das aber langsam.
Lass also lieber etwas mehr an der Haut, als Löcher hineinzureißen. Wir können während des Prozesses auch noch überschüssiges Fett und Fleisch entfernen.
Wenn du Häute vom Jäger bekommst, wie vom Reh, Wildschwein, Rotwild etc. dann stelle dich darauf ein, dass du im Fell Zecken und Hirschlausfliegen findest.
Um sie teilweise abzutöten, kannst du die Haut ein paar Tage einfrieren und dann wieder auftauen, um mit der Bearbeitung zu beginnen. Ich mache das aber nicht.
2. Optional: Haare entfernen
Falls du vorhast, bei deiner Tierhaut die Harre zu entfernen, dann brauchst du etwas mehr Zeit und Vorbereitung. Aber auch das ist kein Problem.
Besonders Anfänger/innen empfehle ich, OHNE Haare/Fell zu gerben.
Hier gibt es nun einige Möglichkeiten – wichtig ist nur, dass die Haut anschwillt. Das erreichen wir durch einen gesenkten oder gesteigerten pH-Wert.
Variante 1: Weissfeinkalk - einfach und keine Messung nötig
Weiche dazu die Haut nach dem Entfleischen in einer basische Lösung aus Weissfeinkalk (CaO, hier der Amazon Link) für mindestens 3 Tage ein. Du kannst sie auch locker 7 Tage darin lassen.
Der pH-Wert sollte ca. 12,5 betragen, welcher durch den Weissfeinkalk automatisch erreicht wird und auch nicht steigt. Du brauchst diesen pH-Wert also nicht mit einem pH-Wert-Messgerät teste.
Das ist das Schöne an der Methode – keine Messgeräte sind erforderlich, du solltest einfach nur das Mischverhältnis beachten.
Der am einfachsten zu verwendende Kalk ist auch als „Weissfeinkalk ungelöscht“ bekannt. Nutzt du ungelöschten Weissfeinkalk, dann achte darauf, Handschuhe zu nutzen!
Das Mischverhältnis ist 1 kg Weissfeinkalk auf 40 Liter Wasser für eine ganze Rehhaut (ca. 2 kg).
Variante 2: Holzaschenlauge - mehr Beobachtung erforderlich
Weiche die Haut in einer alkalischen Lösung aus Holzaschenlauge für 3 Tage ein.
Der pH-Wert sollte ca. 3,5 betragen. Hier wäre es gut, wenn du ein pH-Messgerät besitzt, weil durch zu viel Holzasche auch der pH-Wert stark sinken kann und unter 3,5 rutscht.
Variante 3: Essig - mehr Beobachtung erforderlich
Hast du kein Weissfeinkalk und keine Holzasche zur Hand, nimm handelsüblichen Essig (wird auch eine alkalische Lösung). Ich nutze 15- bis 20-prozentigen dafür. Auf 10 Liter Wasser kommen 200 bis 250 ml Essig, sodass ich auf einen pH-Wert von 3,5 komme (Messen ist auch hier gut).
Gleitet das Haar nach den 3 Tagen nicht leicht ab, dann lass die Haut länger darin liegen.
Dieser Prozess dauert meistens zwei bis drei Tage, manchmal auch länger. Prüfe immer wieder, ob die Haare sich leicht entfernen lassen. Lassen sich die Haare nach 3-4 Tage immer noch nicht entfernen, war dein Mischverhältnis zu schwach.
Gehen ein paar Haare heraus, aber manche noch nicht, dann lege die Haut weiter ein.
Um die Haare zu entfernen, verwende am besten einen Holzstab/Holzspatel/Löffel mit stumpfer Kante oder Ähnliches.
Letzter Schritt, nachdem die Haare ab sind
Wenn alle Haare und die Oberhaut entfernt sind, spüle die Lösung aus der Haut, indem du sie 24 Stunden lang in Wasser einweichst.
Rühre immer wieder gut durch. Der pH-Wert sollte dann durch das Wasser bei 7 liegen, was okay ist, aber es geht besser durch zwei Methoden.
- Schnapp dir Weizenkleie (hier der Link) und setze diese Lösung für 24 h an: pro 1 kg Haut 12,5 L Wasser, 100 g Weizenkleie und 25 g Salz. Der pH-Wert sollte dann bei 4,5 bis 5,0 ankommen. Kleine Bläschen entstehen. Lege nach den 24 Stunden die Haut hinein für 48 h.
- Hast du ein pH-Wert-Messgerät, dann arbeite mit Essig/Wasser und bringe die Lösung auf einen pH-Wert von 4,5 bis 5,0. Lass die Haut darin 24 h liegen.
Warum wir das machen? Bei einem pH-Wert von 4,5 bis 5,0 ist die Haut am wenigsten aufgeschwollen und genau solch eine Haut benötigen wir für das Gerben.
An dieser Stelle beim Gerbprozess kannst du erneut Fleischreste und Fett entfernen.
3. Die Gerbflüssigkeit mit Eichenrinde herstellen
Du solltest wissen, dass das Gerben von Fellen mit Eichenrinde das Fell dunkel färbt.
Wenn du also etwa das schöne schneeweiße Fell eines Schneehasen erhalten möchtest, solltest du nach einer alternativen Methode suchen.
Du benötigst also Zugang zu Eichenrinde oder anderen Bäumen, die Gerbsäure enthalten.
Es gibt noch mehr Bäume, wie die Edelkastanie, Weiden, Birke, Erle und diverse Pflanzen, aber Eichenrinde ist mein Favorit, da sie verfügbar ist und gute Mengen an dunklen Tanninen liefert, wenn sie aufgekocht wird.
Hier habe ich dir eine große Liste gemacht mit den Bäumen, die es in Deutschland gibt und die sich eignen.
Bitte schlage aber nicht an beliebiger Stelle Eichenrinde von einem gesunden und lebendigen Baum ab! Suche dir kürzlich umgebrochene Bäume oder frage beim Förster nach.
Hast du die Eichenrinde besorgt geht es weiter.
Für eine komplette Rehhaut benötigst du etwa 2 kg Eichenrinde.
Du benötigst einen Topf (kein Eisen oder Karbonstahl!), in dem du die Rinde auskochst. Fülle Wasser hinein, sodass die Eichenrinde bedeckt ist und lass den Sud aufkochen.
Du kannst die Eichenrinde auf deinem Herd in der Küche auskochen. Es wird nicht merkwürdig riechen, außer ein wenig nach den Gerbstoffen (ich selbst mag den Geruch sogar).
Köchel auf kleiner Stufe dann die Rinde eine Stunde lang aus, um die dunkle Flüssigkeit zu extrahieren, die du zum Gerben der Haut verwendest.
Ich lasse den Sud einmal aufkochen und stelle ihn dann auf eine kleine Stufe, sodass er vor sich hinköchelt.
Heraus kommt eine konzentrierte dunkle Gerblösung, auch Gerbtee genannt.
Lass diesen Gerbtee unbedingt abkühlen und gießen ihn NICHT auf deine Haut, solange er heiß ist, da dies die Haut ruiniert.
Fülle ihn in ein Behälter und lass sie stehen. Das ist unser starker Gerbtee.
Hinweise zur Eichenrinde
Heutzutage werden 80 % aller kommerziellen Rindengerbungen mit hoch konzentrierten Extrakten aus Quebracho, Kastanie oder Mimose durchgeführt, die typischerweise 30 % oder mehr Tannin enthalten. Im Vergleich dazu enthält natürlich vorkommendes Tannin in Eichenrinde eher 10-12 % des Materials.
Die Rinde sollte idealerweise im Frühjahr gesammelt werden, wenn der Saft in den Bäumen zu steigen beginnt und sich die Rinde leicht ablösen lässt.
Tannin ist normalerweise in der inneren Rinde (Kambiumschicht) konzentriert und ältere Bäume sowie untere Teile enthalten normalerweise höhere Konzentrationen. Zerkleinerte Rinde aus Sägewerken, die als Gartenmulch verkauft wird, eignen sich auch für das Rindengerben.
Die Menge an Rinde hängt von der Qualität der Quelle und dem gewünschten Leder ab. Zur Lagerung sollte die Rinde ausgetrocknet und trocken gelagert werden, um ihre Wirksamkeit zu erhalten.
Achtung: Tannin ist wasserlöslich und wird aus dem Holz oder der Rinde ausgelaugt, wenn diese im Regen liegt. Bei trockener Lagerung kannst du Eichenrinde unbegrenzt lagern, ohne dass sie an Wirksamkeit verliert. Die Rinde lässt sich auch leichter zerkleinern und mahlen, wenn sie trocken ist.
4. Die Haut in den Gerbtee geben
Besitzt du eine dünne Haut, brauchst du nichts zu verdünnen oder erst mit einer schwachen Lösung arbeiten.
Hier aber die Schritte, wenn du es dennoch tun möchtest, denn dadurch verteilen sich die Tannine gleichmäßiger.
Gib Wasser auf die ausgekochte Eichenrinde und gib dort hinein deine Haut. Das ist nun unser schwacher Gerbtee.
Nach 3 Stunden bis auch eine Nacht, legst du jetzt die Haut in die erste (starke) Lösung.
Ich schreibe absichtlich „Kunststoffbehälter“, weil du keinesfalls einen Metalleimer nehmen solltest. Rostfreier Stahl / Edelstahl ist jedoch in Ordnung.
Eisen- oder Aluminiumtöpfe reagieren mit der Gerbsäure und verursachen Flecken usw., verwende sie also nicht. Kunststoff-, Holz-, Fiberglas- und gemauerte Wannen sind alle geeignet. Verwende auch nur hölzerne Rührpaddel.“ – Steven Edholm and Tamara Wilder
5. Der Gerbprozess im Detail
In den folgenden 7 Tagen musst du lediglich prüfen, ob der Gerbtee noch stark genug ist. Hast du am Anfang ausreichend Rinde ausgekocht, sollte alles passen.
Prüfe immer wieder, dass die Haut keinen Luftkontakt besitzt. Lege Steine darauf oder beschwere alles, wenn die Haut an die Oberfläche möchte.
Ich rühre die Haut mehrmals am Tag um, eigentlich immer, wenn ich danach schaue, aber mindestens 4- bis 5-mal am Tag.
Du wirst nun merken, wie das Konzentrat jeden Tag blasser wird, wenn die Tannine absorbiert und in der Haut eingeschlossen werden.
Optional: Du solltest die Gerblösung nach Bedarf verdunkeln, um mehr Tannine verfügbar zu machen.
Ein bis zwei Wochen dieser Behandlung reichen völlig aus, um etwa Kaninchenfelle oder eine Rehhaut zu gerben und haltbar zu machen. Bei einer Lachshaut reichen oft schon 5 - 7 Tage aus.
Tipp: Ich schaue nach 24 bis 48 Stunden mir die Unterhaut an, ob ich noch Fleischreste oder Fettreste finde. Diese lassen sich nach dieser Einwirkzeit oft viel einfacher entfernen als zu Beginn. Das Risiko, dass du die Haut aufreißt ist zu diesem Zeitpunkt geringer.
Hier sind einige ungefähre Zahlen, wie lange du damit rechnen solltest, deine Häute einzuweichen:
Mark Odle: Häute in (Rot-)Hirschhautgröße sollten drei oder vier Monate lang bei moderaten Temperaturen in einer Lösung voller Tannine verbleiben. Rinder und Büffel brauchen fünf oder sechs Monate. Je wärmer die Temperatur, desto schneller der Prozess. Sobald sie durchgebräunt sind, ist es kein Problem, sie in der Badewanne zu lassen, da sie nicht verrotten. Haut mit lockereren Fasern nimmt die Bräune schneller an als die straffere Haut.
Lotta Rahme: empfiehlt nur 7-10 Tage, um ein Ziegenleder durchzugerben, wobei etwa 1¾ bis 2¼ Pfund getrocknete Rinde verwendet werden. Ziegenfelle sind sehr dünn. Rinder- und Elchehäute können ein halbes Jahr oder länger dauern.
AB Farnham: Geschirr- und Gurtleder brauchen 4,5 Monate (Rinderhaut) und 6,5 Monate für Sohlenleder. Idealerweise prüfst du genau, wann der Gerbprozess abgeschlossen ist.
Wenn sich die Farbe bis in die Mitte der Haut zieht, ist dies ein gutes Zeichen dafür, dass bereits eine gewisse Gerbung in der gesamten Haut stattgefunden hat.
Du kannst dies prüfen, indem du etwas Leder an der dicksten Stelle am Außenrand abschneidest und dir die Mitte anschaust. Es gibt auch noch weitere Methoden wie die chemische Prüfung.
Bei einer Lachshaut, einer Kaninchenhaut oder einer Ziegenhaut ist das meistens nicht nötig. Hier kannst du fast sicher sein, dass die Zeit ausreichend war.
Jedoch bedeutet eine durchgegerbte Haut nicht, dass man nicht noch mehr Tannin hinzufügen und die Bindung an die Fasern verstärken kann, um die Zwischenräume zwischen den Collagenketten (Eiweiß) zu füllen.
Tatsächlich kann die Menge an Gerbstoffen, die in das Leder eingearbeitet wird, bis zu 50 % des Gesamtgewichts ausmachen, was zu einem robusten und langlebigen Endprodukt führt.
Achtung: Gerbst du mit Fell/Haare, dann bleibt die Oberhaut hell, wenn die sie anschneidest für die Kontrolle.
5.1. Vor- und Nachteile einer längeren Gerbung
Wenn eine Haut voller wird – also länger gegerbt wird –, verliert sie an Elastizität und wird dicker.
Während diese Eigenschaften ideal sind für die Herstellung von Sätteln, Gürteln und Schuhsohlen, können sie für andere Anwendungen weniger wünschenswert sein.
Zudem lassen sich bei vollständig gegerbten Häuten aufgrund ihrer Härte und Stärke Muster und Verzierungen viel leichter in die Oberfläche schnitzen.
Möchtest du jedoch ein anschmiegsames Leder erhalten, dass sich dehnt und dieses etwa zu einer Hose verarbeiten, dann empfehle ich dir, sie nicht unnötig lange zu gerben.
5.2. Gerüche, Formen und Texturen beim Gerben
Beim Einweichen der Haut in der Gerblösung ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Textur der Haut sich verändert.
Die Haut darf nicht glatt, rutschig oder schleimig werden!
Stattdessen wird die Haut fester und zeigt eine strukturierte Maserung, die Poren und Maserungen werden deutlich sichtbar.
Wenn ich etwa die frische Kaninchen oder Lachshaut in die Gerblösung gebe, dann merke ich sofort nach 15 Minuten den ersten Unterschied.
Die Haut fühlt sich pelziger und rauer an, so wie ein leicht pelziger Rotwein im Gaumen.
Die Lösung selbst sollte während des Prozesses einen angenehmen fermentierten oder essigartigen Geruch entwickeln, der jedoch nicht faulig sein darf. Ein schwefeliger Geruch kann auf Verderb hinweisen.
Es kann vorkommen, dass Schimmel auf der Oberfläche der Lösung wächst, aber das kann entweder abgeschöpft oder einfach in die Lösung eingerührt werden.
6. Einölen und Dehnen
Sobald deine Haut eine dunkle Farbe angenommen hat, kannst du sie aus dem Bad nehmen, auswringen und trocknen lassen, sodass sie nur noch leicht feucht ist.
An diesem Punkt mache ich ein Dressing und öle die Haut ein – Pflanzenöl ist billig und gut dafür, idealerweise nimmst du Leinöl.
Ich mische für eine Kaninchenhaut 60 ml Leinöl mit einem Eigelb und reibe die leicht feuchte Haut damit ordentlich ein.
Lass die Haut flach, mit Öl bedeckt liegen oder spanne sie auf ein Gestell. Vermeide, dass Öl an die Fellseite kommt, wenn du es mit einer Fellhaut zu tun hast.
Dehne dann die Haut nach einigen Stunden und ziehe sie vorsichtig auseinander in alle Richtungen.
7. Die Haut weicher machen
Eine Ölung wird ausreichen, aber die Idee ist, immer mehr Ölschichten aufzutragen, die Haut sie absorbieren (aufsaugen) zu lassen und dann den Dehnungsprozess zu wiederholen.
Mit zwei bis drei Behandlungen Öl kannst du die Haut dann weiter bearbeiten, bis sie trocknet und angenehm elastisch bleiben sollte.
Häute mit Fell (Pelze) brauchen viel länger, um auf diese Weise behandelt zu werden, da du hier nur von einer Seite ölen und arbeiten kannst und das Fell die Trocknungszeit verlangsamt.
Und so sieht das Ergebnis am Ende aus, nachdem ich das Fell der Kaninchen noch etwas weicher gemacht habe:
Möchtest du die Unterhaut noch geschmeidiger machen, dann nutze Schleifpapier, um die trockene Haut abzuschleifen und sie zu verdünnen. Sie wirkt danach noch samtiger und weicher.
Zusammenfassung
Um eine dünne Haut mit Eichenrinde zu gerben, gehst du folgende Schritte:
- Das Tier vorsichtig häuten
- Kratze die Fleischseite sauber
- Koche Baumrinde aus, idealerweise Eichenrinde
- Lege die Haut in den abgekühlten und konzentrierten Gerbtee
- Achte darauf, dass die Haut dunkler und die Lösung blass wird
- Warte ungefähr 7 Tage, bis die Haut durchgegerbt ist
- Entferne die Haut und wringe sie aus, bis sie sich feucht anfühlt
- Arbeite Öl mit Eigelb in die Haut ein
- Dehne und mache die Haut weich
Hier oben auf dem Bild siehst du eine Rehhaut, die ich nur mit Öl und Ei "gegerbt" habe. Schaue dir dazu das Kurzvideo an:
Abschließend wünsche ich dir viel Erfolg beim Gerben mit Eichenrinde!
Ich bin davon überzeugt, dass jede Person mit ein wenig Übung und Geduld zu Hause mit einfachen Mitteln eine wunderschöne, haltbare Lederhaut herstellen kann.
Denke daran, dass niemand als Meister/in geboren wurde und dass wir alle jeden Tag dazulernen.
Mit diesen Schritten und ein wenig Zeit und Mühe kannst du eine dünne Haut mit Eichenrinde gerben und zu einem wertvollen Stück Leder verarbeiten.
Also, worauf wartest du noch? Besorg dir eine Haut und versuche dich an diesem spannenden Handwerk.
Ich bin mir sicher, dass du großartige Ergebnisse erzielen wirst. Alles Gute und berichte gerne in den Kommentaren.
Fragen und Antworten (Q&A) zum Thema
P. S. Du suchst die hochwertigste Outdoor-Ausrüstung? Dann gehts hier zu den Kaufratgebern. Finde hier meine Liste zur eigenen Ausrüstung, die ich regelmäßig nutze.
Quellenangaben
http://www.braintan.com/barktan/index.htm
https://www.leder-info.de/index.php/Selber_gerben
https://www.lederpedia.de/selber_gerben_heimgerbung/start
Autor des Ratgebers
Martin Gebhardt
Hey, ich bin Martin und ich bin Wildnis-Mentor. Auf meinem Blog lernst du die Basics sowie zahlreiche Details zum Outdoor-Leben. Schnapp dir meine 35 einfach umsetzbaren Survival-Hacks, um ab morgen nicht mehr planlos im Wald zu stehen. Lies mehr über mich auf meiner “Über mich”-Seite.
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